Eine Stütze fürs Leben: Aymen Hermassi (oben) und sein türkischer Trainer Abdullah Yasak. Foto: Privat

Im Januar 2018 startete Sabine Hermassi Bräutigam mit dem Aufbau eines Sportprojekts für Kinder und Jugendliche mit Autismus – finanziert aus eigenen Mitteln. Durch die Unterstützung der Leberecht-Stiftung der FNP und ihrer Regionalausgaben konnten für das Projekt jetzt spezielle Sportgeräte und Turnmatten in Höhe von 2500 Euro angeschafft werden.

Frankfurt  – Aymen ist 17 Jahre alt und treibt gerne Sport. „Am liebsten spielt er Tennis und Badminton“, erzählt seine Mutter Sabine Hermassi Bräutigam. Auf den ersten Blick scheint die sportliche Leidenschaft von Aymen selbstverständlich für einen Jungen in seinem Alter zu sein. Doch das ist gerade nicht der Fall: Im Kleinkindalter nämlich wurde bei Aymen frühkindlicher Autismus diagnostiziert.

„Im Alter von ungefähr zweieinhalb Jahren bemerkte ich, dass Aymen sich nicht altersgerecht entwickelte“, erzählt Sabine Hermassi Bräutigam. Dies wurde umso deutlicher, weil Aymen noch einen Zwillingsbruder hat, der sich unauffällig entwickelte und keinen frühkindlichen Autismus hat.

Was die Ursachen hierfür sind, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Der frühkindliche Autismus wird zu den schwerwiegenden Formen des Autismus-Spektrums gezählt und geht unter anderem mit einer starken Beeinträchtigung von Sprache, Kommunikation und sozialer Bindung einher.

Hilfe aus der Türkei

Bei Aymen, der bis heute wenig spricht, habe sich schon früh ein starker Bewegungsdrang abgezeichnet. Doch Sportangebote für Kinder und Jugendliche mit Autismus, dazu zählt beispielsweise auch das Asperger-Syndrom, in Frankfurt oder der näheren Umgebung gab es keine. „Ich habe viel recherchiert“, erzählt Hermassi Bräutigam, die auch Fachberaterin für Autismus ist. Und schließlich sei sie auf ein Sportcamp für Kinder mit Autismus in der Türkei aufmerksam geworden, für das sie Aymen anmeldete. Vor fünf Jahren war das, als der Junge zwölf Jahre alt war.

„Wir waren vorher noch nie in der Türkei gewesen“, berichtet seine Mutter von der damaligen Situation. Und es blieb nicht der einzige Besuch von Aymen im Sportcamp. „Viermal waren wir dort. Dadurch reifte bei mir die Idee, ein Sportangebot für Kinder mit Autismus in Frankfurt zu ermöglichen“, sagt Hermassi Bräutigam, die selbst sehr sportlich ist.

Viel Arbeit und viel Herzblut hat sie bereits in das Projekt investiert, dass sie mit eigenen finanziellen Mitteln zum Laufen gebracht hat. Drei Trainer arbeiten mit den aktuell 25 Kindern und Jugendlichen zusammen. Trainiert werde immer am Wochenende.

„In der Türkei gibt es viele solcher Sportangebote für Kinder mit Autismus“, sagt sie. Die Trainer seien speziell hierfür ausgebildet. Einen der Trainer aus dem Camp, das ihr Sohn dort besucht habe, konnte sie für ihr Sportprojekt in Frankfurt gewinnen. „Über die speziellen Übungen werden die Kinder auch auf den Alltag vorbereitet, lernen, ihren eigenen Körper besser wahrzunehmen, und können das Erlernte in der Schule und innerhalb der Familie umsetzen“, erklärt sie weiter. So würde durch das Training, das für die Mädchen und Jungen eins zu eins angeboten werde, unter anderem die Koordinationsfähigkeit von Händen und Beinen verbessert.

Das wirke sich auch positiv auf den Familienalltag aus, etwa durch gemeinsames Fahrradfahren, was die Kinder im Sportprojekt lernten. Zudem fördere Sport die Konzentrationsfähigkeit. Auch könne der Sport die Kinder auf das Leben nach der Schule vorbereiten, zum Beispiel auf eine Arbeit in einer Werkstatt für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen.

Hermassi Bräutigam zeigt einen kurzen Film über einen Jungen, der seit etwas mehr als einem Jahr im Projekt trainiert. Das Video macht sichtbar, welche unglaubliche Entwicklung er durch die sportlichen Übungen genommen hat: Von einem Kind, das kaum Bälle werfen und fangen konnte, zu einem Jungen, bei dem der Sport sowohl die Koordinationsfähigkeit gestärkt als auch das Selbstbewusstsein sichtbar verbessert hat.

Um die verschiedenen Übungen machen zu können, werden spezielle farbig gestaltete Sportgeräte wie Ringe und Bälle sowie Matten und Fahrräder mit Stützfunktion benötigt. Mit finanzieller Unterstützung in Höhe von 2500 Euro durch die Leberecht-Stiftung der Frankfurter Neuen Presse und ihrer Regionalausgaben konnte sie das dringend benötigte Material für das Sportprojekt anschaffen.

„Ich bin sehr dankbar“

„Ich bin sehr dankbar für diese Unterstützung der Leberecht-Stiftung“, betont die Mutter von Aymen. Es sei nicht leicht, Unterstützung für das Projekt zu bekommen. Dass sich die angeschafften Sportgeräte farblich unterscheiden, habe einen zentralen Grund: „Die Gestaltung der Ringe und Bälle gibt den Kindern eine Orientierung“, erklärt sie und zeigt in einem weiteren Film, wie die Sportgeräte eingesetzt werden.

Trainiert wird unter anderem in der Sporthalle der Wallschule in Sachsenhausen und im Jugendhaus Goldstein.

Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf Facebook unter Autismus und Sport Frankfurt oder per E-Mail unter s.harmassi@gmx.de.

Von Alexandra Flieth