Samu (4) versucht mit einem Rollstuhl, die Herausforderungen des Hindernis-Parcours beim Familienfest zu meistern. Foto: Evelyn Kreutz

Seit 70 Jahren unterstützt LEBERECHT behinderte und benachteiligte Kinder und Jugendliche. Dieses Jahrzehnte lange Engagement wurde am 4. August 2019 im Usinger Schlossgarten gebührend gefeiert. Den Rahmen bildete das von der Taunus Zeitung initiierte und gemeinsam mit der Stadt Usingen organisierte Familienfest. Eine perfekte Plattform, um für die Probleme behinderter Menschen zu sensibilisieren.

 

„Um die Kurve zu kommen, ist ganz schön anstrengend“, stellt der vierjährige Samu fest. Er und sein großer Bruder Finn (8 Jahre) probieren, auf dem Rollstuhlparcours einigermaßen vorwärts zu kommen. Schon eine nur einen Zentimeter hohe Platte ist für Ungeübte ein großes Hindernis. „Ich stelle mir gerade vor, wie es ist, einen Bürgersteig hochzukommen, die sind ja nicht überall barrierefrei“, ergänzt Finn.

Den Rollstuhlparcours und das Inklusions-Mobil mit weiteren Mitmachaktionen hatten der Hessische Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband und der Landessportbund am 4. August im Usinger Schlossgarten aufgefahren, um Nichtbehinderten einen Eindruck davon zu vermitteln, was es heißt, mit einem Handicap im öffentlichen Raum unterwegs zu sein.

Ein Anliegen, das ganz im Sinne der LEBERECHT-Stiftung ist. Getragen von der Frankfurter Neuen Presse und ihren Regionalausgaben Höchster Kreisblatt, Nassauische Neue Presse und Taunus Zeitung, macht sich die Stiftung seit 70 Jahren für junge Menschen im Verbreitungsgebiet stark, die Unterstützung besonders dringend brauchen. So geht jeder gespendete und ehrenamtlich erlöste Euro an behinderte oder benachteiligte Kinder, Jugendliche und deren Eltern.

Gefeiert wurde dieser Jahrzehnte währende Einsatz am 4. August 2019 im Rahmen des Usinger Familienfestes. Eine Veranstaltung, die die Taunus Zeitung gemeinsam mit der Stadt Usingen in diesem Jahr bereits zum neunten Mal anbot.

Sina Schmidt, Mutter von Finn und Samu, begrüßte die Idee, das Familienfest zum Forum für Leberecht zu machen, ausdrücklich. „Im Verwandten- und Bekanntenkreis haben wir selbst zwei Betroffene, die nach Unfällen auf den Rollstuhl angewiesen sind“, betonte Schmidt. Es sei wichtig, dass die Kinder das Fest, das allen so viel Vergnügen bereite, auch einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Ganz alltägliche Probleme

Finn, ein begeisterter Fußballer, merkte auf dem Rollstuhlparcours schnell, was es bedeutet, nicht auf den eigenen Beinen durchs Leben gehen zu können. Rollte er noch leicht eine kleine Rampe hinauf, so wurde es ihm auf halbem Weg doch mulmig, als die Rampe nach unten kippte. „Was passiert, wenn ich umfalle?“, fragte er sich. Sein kleiner Bruder Samu blieb daher bei den schwierigen Passagen lieber gleich an der Hand seines Vaters Marc.

Zwar gebe es heute spezielle Rollstühle mit ausgestellten Rädern, Zusatzbügeln und Kippschutz, mit denen ein geübter Rollstuhlfahrer Sport treiben könne, erklärte Holger Kranz vom Hessischen Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband. Alltagstauglich seien diese Spezialanfertigungen jedoch nicht.

Dass Behinderte und Nichtbehinderte sehr gut gemeinsam Sport treiben können, erfuhren Interessierte am Inklusionsmobil des Landessportbundes.

Blasrohrschießen, Billardfußball und psychomotorische Übungen vermittelten einen guten Eindruck davon, wie man gemeinsam Spaß haben kann, ohne das körperliche Handicaps eine Rolle spielen.

Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen

Kinder würden heute ohnehin ganz anders mit dem Thema Behinderung umgehen als noch vor 20 Jahren, davon ist William Sonnenberg überzeugt. „Da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan“, unterstreicht der Referent beim Landessportbund Hessen für Sport und Inklusion im Geschäftsbereich Sportentwicklung. Der Landessportbund versuche das zu fördern, in dem er Vereine bei Inklusionsprojekten mit bis zu 2000 Euro unterstütze. Dabei gehe es nicht nur darum, behinderten Menschen mit Hilfsmitteln sportliche Betätigung zu ermöglichen. Ziel sei es vor allem auch, ihnen die Teilhabe am sozialen Leben zu eröffnen.

Für viele Betroffene und ihre Familien ist diese Teilhabe aber auch heute noch eine Kostenfrage. Nicht jeder kann es sich leisten, die Angebote zu nutzen. Wo Kranken- und Pflegekassen wie auch Behörden die Unterstützung mitunter versagen, greift oft die Leberecht-Stiftung ein. Über Spenden und Einnahmen von Veranstaltungen, zu denen auch das Usinger Familienfest zählt, versucht sie zu helfen. Das kann die Finanzierung von Reit- und Musiktherapien betreffen, die Anschaffung behindertengerechter Fahrzeuge oder auch den Einbau von Fahrstühlen.

Evelyn Kreutz