Foto LeberechtHansThomaSchule Bildunterschrift: Alisa interviewt ihre Lehrerin Esther Radgen; Noah und seine Teilhabe-Assistentin Waltraud Kufner (von links) hören zu. Foto: Jochen Reichwein

„Was ist dein Lieblingsessen?“ Das ist an diesem Donnerstagsmorgen eine super wichtige Frage für 14 Grundstufenkinder an der Hans-Thoma-Schule. Zusammen mit ihren Förderlehrerinnen Esther Radgen und Mitra Kaveh wollen sie in den nächsten Tagen Erwachsene „löchern“, sprich interviewen, um mehr über deren Lieblingssport, Lieblingsfarbe oder den Wohnort herauszufinden.

Dabei helfen den körper- und lernbehinderten Kindern und denjenigen, die Problem mit Sprache, Wahrnehmung und dem Erinnern haben, ganz spezielle Geräte – zum Beispiel der BIGmack. Der wird zwar ausgesprochen wie ein bekannter Burger, hat aber mit Extra-

Käse nichts zu tun. Das halbrunde Aufnahmegerät hat eine handtellergroße farbige Drucktaste in der Mitte. Damit nehmen die Kinder ihre Fragen auf, um sie in ihren Interviews abzuspielen. Als Leon und seine Freunde zum ersten Mal die Sprachaufnahmen hören, gibt es erstmal großes Gelächter, so witzig finden sie ihre eignen Stimmen. Die Antworten, die sie bekommen, zeichnen sie mit kleinen gelben Mikrofonen auf: „Was ist dein Lieblingsessen“, fragt Leon via BIGmack seine Lehrerin. „Pommes“, antwortet Esther Radgen spontan ins Mikro. 

Auch dieses und noch etliche andere Aufnahme- und Sprachgeräte, dazu Bücher, spezielle Bildertafeln und weitere Hilfsmittel konnte die Hans-Thoma-Schule mit Unterstützung der Frankfurter Leberecht-Stiftung anschaffen. 10.000 Euro hat die Organisation der Frankfurter

Neuen Presse und ihrer Regionalausgaben dafür locker gemacht. „Das ging eigentlich alles ganz schnell“, freut sich Esther Radgen, die zusammen mit Kollegin Mitra Kaveh im Frühjahr vergangenen Jahres den Antrag samt Wunschliste eingereicht hatte. Schon vier Wochen

später kam das OK für die Kostenübernahme der Gerätschaften und Materialien. Seit Schuljahrsbeginn stehen die Dinge Schülern und Lehrern zur Verfügung.

„Die helfen unseren Kindern und machen auch noch Spaß“, bentont Radgen. „Mit den BIGMacks, die wir im Moment für die Interviews einsetzen, schicken wir Kinder auch ins Sekretariat, um Kreide zu holen. Wenn sie vergessen, warum sie unterwegs sind, können sie sich den Auftrag einfach noch mal anhören.“ 

Wo früher umständlich Zettel geschrieben und gemalt wurden, hilft heute die Elektronik, und

unterstützt bei Sprach- und Kommunikationsproblemen. Ein Aufnahmegerät hat sogar einen integierten Spiegel, damit die Kinder beim Sprechen ihre Mundbewegungen mitverfolgen können. Auch für körperlich und motorisch eingeschränkte Kinder konnte erfüllt werden, was auf der Wunschl stand: sechs schmale, gepolsterte Bänke – für jede Klasse der Grundstufe, was in etwa der Grundschule entspricht, eine. Auf einer sitzt gerade Noah. Seine Beine

hat er links und rechts fest auf den Boden gestellt. „Die Bänke mit ihren weichen Polstern helfen Kindern mit schwacher Körperspannung sich aufzurichten. Dadurch werden sie im Unterricht aufmerksamer und aufnahmefähiger“, erklärt die Förderlehrerin. Ein besonderes Plus dieser Sitzgelegenheiten ist es, dass zwei Leute hintereinander darauf sitzen könne. Bei Noah ist es seine Teilhabeassitentin Waltraut Kufner, die ihn beim Basteln mit der Schere oder anderen für ihn kniffeligen Aufgaben ganz einfach von hinten unterstützen kann.

Und während die siebenjährige Celina dem dicken, elektronischen Stift in ihrer Hand ein „Miau“ entlockt, indem sie mit ihm auf eine Karte mit Tierabbildungen tippt, zeigt Esther Radgen auf durchsichtige Plastikkisten, sechs Stück an der Zahl: „Jede unserer Grundstufenklassen bekommt so eine Kiste, gefüllt unter anderem mit Aufnahmegeräten,

einem großen Würfel, in dessen Sichtfenster Bilder oder Abbildungen von Buchstaben geschoben werden können. Auch ein Gebärdenwörterbuch ist dabei.“ 

Denn auch damit funktioniert Kommunikation. Und darum geht es schließlich: Kindern, deren Sprach-, Lern- und Verstehvermögen eingeschränkt ist, neue Wege in zu eröffnen, um so noch besser am Leben teilhaben zu können und Neues zu entdecken – zum Beispiel das Lieblingsessen der Lehrerin.

Von GABRIELE CALVO HENNING