Trotz Idas Krankheit und großer Sorgen sind Stefanie und Christian Hering mit Ida und dem fünfjährigen Finn eine
frohe Familie. FOTO: ANETTE IN CONCAS
Alle gemeinsam für die kleine Ida
„Finn ist ein ganz toller großer Bruder“, lobt Mama Stefanie Hering stolz und drückt den fünfjährigen jungen Mann kurz an sich. Auf ihrem Schoß sitzt Töchterchen Ida, der Finn gerade eines seiner Spielzeuge zeigt. Auf den ersten Blick ist Ida ein ganz normales, lebhaftes Kind. Auf den zweiten Blick bemerkt der Besucher, dass die rechte Seite des Mädchens offensichtlich gelähmt ist.
Ida hat Alternierende Hemiplegie (AHC). Das ist ein ganz seltener genetischer Defekt, „er kommt im Verhältnis eins zu einer Millionen vor“, erzählt ihre Mutter. Ihr und Ehemann Christian ist nach Idas Geburt relativ schnell aufgefallen, dass etwas nicht in Ordnung ist. „Wir hatten ja den Vergleich zu Finn und haben gemerkt, dass die Entwicklung von Ida verzögert war“, berichtet die 37-Jährige aus dem Waldbrunner Ortsteil Hausen.
Besonders auffällig waren die unkontrollierten Augenbewegungen. Nach etwa einem halben Jahr kamen die ersten Muskelkrämpfe und Lähmungserscheinungen hinzu. Die jungen Eltern fuhren mit Ida in die Unikliniken Gießen und Göttingen. Vier Monate später kam schließlich die Diagnose: AHC.
Bisher keine heilende Therapie
Die Alternierende Hemiplegie wurde erst im Jahr 1971 entdeckt. Leider gibt es keine heilenden, sondern bestenfalls lindernde Therapieansätze, die unterschiedlich anschlagen, da sich die Krankheit bei jedem anders auswirkt. „Da AHC so selten vorkommt, wird auch wenig geforscht“, sagt Stefanie Hering traurig. Bei Ida tritt während der Anfälle häufig Migräne auf. Leider ist auch Epilepsie dazugekommen.
Wenn Ida einen Anfall hat, wird eine Körperseite, manchmal auch der ganze Körper komplett schlaff. Solch ein Anfall kann ein paar Minuten dauern, aber auch tagelang anhalten. Die heute Zweijährige hat in dieser Zeit große Schmerzen. Schmerzmittel sind an der Tagesordnung bei Herings. Wenn Ida einschläft, verschwinden die Symptome seltsamerweise vorübergehend.
„Das Schlimmste ist, dass nach einem Anfall alles Erlernte verloren gehen kann“, berichtet Stefanie Hering von ihren Erfahrungen. „Die Ärzte und Therapeuten sind selbst erschrocken, wie schnell das wechselt!“
Erweiterungsbau geplant
Die Eltern versuchen nach Kräften, Ida vor auslösenden Triggern zu schützen. Solche Schlüsselreize können starke Temperatur- und Lichtschwankungen sein, Lautstärke, Stresssituationen, aber einfach auch Gefühle wie Freude oder Angst. Der Alltag ist also nicht leicht zu bewältigen. Durch die Krankheit ist Ida auch beim Schlucken und in der Verdauung eingeschränkt. Sie kann (noch) nicht laufen und nicht sprechen, lacht aber gerne und ist bei allem Leid ein fröhliches Kind. Überhaupt herrscht in der Schulstraße 25 eine frohe Stimmung.
Am Anfang war es aber sehr schwer. „Man stellt sich das Leben immer schön vor, und dann wird einem der Boden unter den Füßen weggezogen“, erinnert sich Stefanie Hering. Inzwischen haben die jungen Eltern gelernt, die Krankheit zu akzeptieren und aus der Situation das Bestmögliche zu machen.
Geholfen haben dabei nicht nur die Liebe und Einsatzbereitschaft der Großeltern, sondern auch die spontane Hilfsbereitschaft verschiedener Freunde aus Waldbrunn. Sie haben sich eines Tages an einen Tisch gesetzt und sich als „Freundeskreis Ida“ in lockerer Gemeinschaft zusammengeschlossen. Ihr Anliegen ist es, die Familie aus der Schulstraße 25 zu unterstützen und auf die Krankheit aufmerksam zu machen.
Zunächst geht es um die Wohnsituation. Noch kann Ida getragen werden. Der Zeitraum, in dem das möglich ist, ist aber überschaubar. Also hat sich Architekt Kurt Seelbach hingesetzt und einen Erweiterungsbau mit einem Schlafzimmer, einem Bad und einen Betreuungsraum für Ida im Erdgeschoss geplant.
10 000 Euro von der LEBERECHT-Stiftung
Er und seine Mitstreiter vom Freundeskreis, darunter Klaus Rohletter, Wilfried Hömberger, Tine Schäfer, Udo Triesch, Theresia Reitz, Florian Schick und Peter Steinhauer haben sich überall um Spenden bemüht. Unter anderem sind sie an die Leberech-Stiftung herangetreten.
Die gemeinnützige Leberecht-Stiftung macht sich seit über 70 Jahren stark für Kinder und Familien, die vom Schicksal benachteiligt sind. Dank zahlreicher Spenden engagierter Menschen aus der Region unterstützt die Stiftung Projekte, die bei den Betroffenen die Lebensqualität verbessern. Das tat Leberecht auch in diesem Fall.
Die großzügige 10 000 Euro-Spende wurde genutzt, um mit dem Rohbau zu beginnen. Ein erster Schritt in einen neuen Lebensabschnitt, der hoffentlich allen auf Dauer ein Stück weit Entlastung bringt. Anette in Concas